«Da unten passiert mehr als du denkst!»

Wynentaler Blatt, Fr. 24. Mai, Text und Bilder René Fuchs


Unter der Leitung von Theaterpädagoge Manfred Stenz bringt die Sereal Theatergruppe der Kreisschule Homberg am 5. und 6. Juni das Stück «Fourteen» auf die Saalbaubühne. Ein humanistisch berührendes Theaterstück, das innere Werte wie Empathie, Teamwork und Akzeptanz wachsen und die Hoffnung nie verkümmern lässt. Ein Theater für Junge und im Herzen Junggebliebene, die sich nie unterkriegen lassen.

 

«Empathie und Selbstsicherheit entwickeln die jungen Menschen beim Theaterspiel, wenn sie sich in ihren Rollen in andere Menschen hineinversetzen», sagt der engagierte Theaterpädagoge Manfred Stenz, der seit 17 Jahren mit Schülern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zusammenarbeitet. Mit seiner positiven Ausstrahlung, Humor, Geduld und viel Vertrauen leitet er auch die Sereal Theatergruppe der Kreisschule Homberg. Die 4 Jungs und 11 Mädchen von Beinwil am See, Birrwil, Gontenschwil, Reinach und Zetzwil aus Klein-, Real- und Sekundarschulklassen bilden einen kreativen und bunten Mix.

 

Im Spiel die einzelnen Charaktere auszufeilen, ein anderes Umfeld besser verstehen zu können, ist für die jungen Theaterleute nicht nur Herausforderung, sondern auch wahre Freude zugleich. Das Freifach «Schultheater», mit zwei Unterrichtslektionen jeweils am Montagnachmittag, ist dafür die beste Gelegenheit. Seit dem Januar, nach intensivem Schauspieltraining und der definitiven Stückfindung, heisst es nun, all das Gelernte umzusetzen und Szene für Szene zusammenzufügen.

Beschämenden Lebensumständen entflohen

Im Blickpunk steht die vierzehnköpfige Jugendgang «Fourteen», die seit acht Monaten in der längst geschlossenen U-Bahn-Haltestelle

«Aldwych Station» der Londoner Tube lebt. Notabene ist das Londoner U-Bahn-Netz 402 km lang, hat 270 Stationen und täglich rund 5 Millionen Fahrgäste! Ein unentwegtes Kommen und Gehen – der Puls einer Weltmetropole: hektisch, wellenartig und anonym. Und doch, auch Heimat von Aussenseitern, Vergessenen und Weggewünschten unserer modernen Gesellschaft. So ergeht es den vierzehn jugendlichen Gang-Mitgliedern, die alle beschämenden Lebensumständen entflohen sind, und sich nach und nach hier im Untergrund getroffen und menschlich gefunden haben. Abgetaucht sind sie vor häuslicher Gewalt, vor streitenden Eltern, die das Sorgerecht nicht wahrnehmen wollen. Weg sind sie vor der Wohlstandsverwahrlosung und nach einem vermeintlichen Brandfall. Auf der Flucht entwickelt sich hier im Untergrund ein neues Leben. Doch ist das Bestehlen von ahnungslosen Passanten wirklich die neue Zukunftsperspektive in der ersehnten Freiheit? «Queen», eines der Gangmitglieder, sieht es ganz anders und verdient mit ihrer Strassenmusik ihren bescheidenen Lebensunterhalt.

 

Wie weiter?

Umso dringender stellt sich allen die Frage: «Wie weiter?». Besonders dann, als die Polizei immer wieder nach ihnen sucht, das Funktionieren des Alltags mit all den Entscheidungen am Zusammenleben nagt und «Raven» überraschend ins Gefängnis gesteckt wird. «Du kannst nicht kriminell sein und das Gefühl haben, jemand in der Gesellschaft mag dich», wird den Jugendlichen, die alle als Pseudonym den abgewandelten Namen einer U-Bahn- Station tragen, immer mehr bewusst. Und so ist es jetzt auch bei der intensiven Probenarbeit in der Aula des Breiteschulhauses. An der Gestik und Mimik, an den Bewegungsabläufen und an der Aussprache wird gefeilt, besonders dann, als «Angel» eben noch eine Neue heranschleppt, obwohl man sich Tage voraus gegen eine Vergrösserung der Gang durchgerungen hat. Nur fehlen jetzt noch das rund 10 m lange Graffiti, die Geräuschkulisse und die Lichtkegel der durchfahrenden Züge, die dem Stück ein besonders authentisches Gepräge auf der Saalbaubühne geben werden.

«Einer für alle, alle für einen!»

Manfred Stenz ist mit Herzblut als Autor und Regisseur beim Proben dabei, erläutert, gestikuliert, lobt und fördert die Jugendlichen, die sich sehr auf die Aufführungen freuen. Für mehr als die Hälfte von ihnen wird es das erste Mal sein, auf der grossen Bühne, die die Welt bedeutet, zu stehen. Dann gilt die Losung «Einer für alle, alle für einen!» wie im Leben der Gangmitglieder, die nach vielen Irrungen und Wirrungen auf demokratische Art einen hoffnungsvollen Weg, sprichwörtlich aus dem Untergrund, finden werden, wäre da nicht noch… Die Spannung steigt unentwegt, wie auch bei den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern auf die Premiere. 

 

Ein humanistisch berührendes Theaterstück, das innere Werte wie Empathie, Teamwork und Akzeptanz wachsen und die Hoffnung nie verkümmern lässt. Ein Theater für Junge und im Herzen Junggebliebene, die sich nie unterkriegen lassen.

 

Aufführungen im Saalbau Reinach: am Mittwoch, 5. Juni, 19.30 Uhr und Donnerstag, 6. Juni, 19.30 Uhr.